„Das beste Kloster ist immer das, in dem ich gerade unterwegs bin"

Audiobeitrag über die Foto-Workshop-Reihe „Click im Kloster“ mit Uwe Stelter

Welche Geschichten und Geheimnisse verbergen sich hinter diesen dicken, alten Mauern? Das scheinen sich viele Menschen zu fragen, wenn es um Klosterbauten geht. Doch viele Klöster, wenn es sich nicht gerade um Ruinen handelt, kann man nicht auf eigene Faust erkunden, sondern nur im Rahmen von Führungen. Seit 2013 organisiert und finanziert die Klosterkammer Hannover noch einen ganz anderen Zugang zu den Klöstern, Stiften und Kirchen in ihrem Verwaltungsbereich: An Fotografie Interessierte können diese Orte unter Anleitung des Fotografen und Künstlers Uwe Stelter mit der Kamera erkunden – ganz ohne Führung. Der Foto-Workshop „Click im Kloster“ ist heute genauso beliebt wie vor zehn Jahren. Und auch Uwe Stelter freut sich noch immer über jeden dieser Workshops:

„Der Reiz liegt eigentlich darin, dass die Gruppen immer wieder neu sind, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen einfach so viel Eigenes mit einbringen, dass eigentlich jeder Workshop anders läuft und dass diese Klöster einfach auch genügend Hintergrund, Vordergrund und Reflektionsgrund bieten, da auch öfter, so im Abstand von zwei, drei Jahren aufzuschlagen, die Atmosphäre, die sich je nach Jahreszeit natürlich auch immer wieder anders darstellt, und diese Veränderungen dann auch mitzubekommen.“

Anfang Juli 2023 findet im Kloster Wienhausen der insgesamt 34. „Click im Kloster“-Foto-Workshop statt. Im Laufe der Jahre waren es dort bereits drei Workshops dieser Art. Hat Uwe Stelter ein Lieblingskloster?

„Im Endeffekt ist immer das beste Kloster das, in dem ich gerade mit ner Gruppe unterwegs bin. Immer, wenn ich so einen Workshop hinter mich gebracht habe, habe ich den Eindruck, das war eigentlich der beste. Ja, das ist auch letzten Endes das Spannende an den Klöstern und den Stiften, dass es im Grunde genommen immer wieder ne neue Entdeckung gibt.“

Temperaturen von über 30 Grad an diesem Sommerwochenende machen alle zwölf Teilnehmenden etwas träge und der einleitende Foto-Spaziergang durch den Klostergarten und den umliegenden Wald verläuft sehr gemächlich. Trotzdem empfindet Uwe Stelter seine Klientel als „wie immer“ interessiert, motiviert und neugierig. Dirk Wolf aus Hannover ist nach einem Workshop im Kloster Marienwerder und mehreren anderen Fotokursen bei Stelter nun schon zum zweiten Mal bei einem „Click im Kloster“-Foto-Workshop dabei. Er ist rundum begeistert von den Klöstern…

„Kloster ist ja erst mal was, was als Normalbürger, der sich, in meinem Fall jetzt auch, für Kirche nicht wirklich sonderlich interessiert, ein besonderer Ort ist. Klöster sind sehr alt, man erwartet, dass man da Dinge sieht, die man normalerweise halt nicht sieht. Und das ist ja auch genauso gewesen. In Marienwerder hat mich vor allem dieser Garten begeistert. Ich war so hin und weg von diesem Garten. Und diese ganz vielen Plätze, diese lauschigen Plätze, wo die Damen sich dann hinsetzen können, das fand ich wunderschön. Ja, von den Gebäuden her, sagt ja Uwe, dass, wenn mich Marienwerder schon beeindruckt hätte, dass Wienhausen mich umhauen würde.“

Und auch vom Seminarleiter ist Dirk Wolf überzeugt:

„Er bereitet das super vor. Und er ist eben nicht so, dass er Wert darauflegt, dicke Kameras und super Ausrüstung, er sagt, was wichtig ist, ist halt, den Blick für das Bild zu haben.“

Dass für den Kursleiter eine umfangreiche und moderne Foto-Ausstattung tatsächlich nicht im Vordergrund steht, ist während des Rundgangs um das Kloster Wienhausen deutlich zu merken. Immer wieder weist er die Gruppe auf Stellen mit besonderen Blickwinkeln hin und gibt ihr Tipps, wie sie diese einfangen könnte.

„… sind jetzt hier im Park vor dem Gelände und haben noch mal die Mauer auch davor, über die Mauer den Blick aus dem Gelände auf das Zusammenspiel und dann auch noch mal von der Vorderseite im Licht. Drei sehr unterschiedliche Blicke. Wenn wir später diese Blicke miteinander vergleichen, werden wir vielleicht auch noch mal andere Entscheidungen treffen. Weggehend von dem, was wir kennen, hin zu Aufnahmen, die etwas ungewöhnlicher sind.“

Ariane Zwintscher, ebenfalls aus Hannover, ist zum ersten Mal bei einem Seminar Uwe Stelters dabei und interessiert sich neben der Atmosphäre im Kloster besonders für eine Frage: Den Vergleich von Bildern, die sie mit dem Handy aufnimmt, und denen von ihrer Spiegelreflexkamera:

„Ich hab da sozusagen das Handy hier in der Tasche, die Kamera am Hals und mache immer mal so abwechselnd die Bilder. Von daher können wir das dann ganz gut vergleichen und einfach mal schauen, wie das aussieht. Man ist halt heutzutage wirklich schnell, echt schnell Handy raus und dann macht man eben das Bild. Man verlernt dann halt auch viel mit dem Einstellen, das muss ich auch ehrlich sagen, ne. Ich hab mich mit der Kamera viel auseinander gesetzt, jetzt hab ich sie bestimmt ein Dreivierteljahr nicht mehr in der Hand gehabt. Und das geht dann wieder los, dann fragt man sich wieder, weil mit dem Handy ist es tatsächlich nur ein Klick.“

Eine weitere Teilnehmerin, Karen Miether, ist von Beruf Journalistin. Prägt ihre Arbeit ihren Umgang mit der Kamera und die Suche nach Motiven?

„Beruflich fotografiere ich normalerweise nicht, sondern habe einen Fotografen an meiner Seite. Das Fotografieren ist mein Hobby, und vornehmlich die Naturfotografie. Und deshalb ist es jetzt hier so ein bisschen was Anderes. Ich muss mich beherrschen, dass ich nicht doch ständig Naturmotive fotografiere, aber deshalb hat das doch einen ganz anderen Hintergrund. Ich finde das jetzt auch spannend, noch mal mich auf andere fotografische Themen einzulassen.“

Den gemeinsamen Spaziergang rund um das Kloster macht Uwe Stelter bei jedem „Click im Kloster“. Für ihn ist besonders wichtig,

„… dass im ersten Teil dieses Workshops die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Außenanlage erst mal kennen lernen und auch bemerken, dass das ne Einheit ist zwischen der landschaftlichen Umgebung, eventuell auch der Gemeinde, in die das Kloster eingebettet ist, und dann später dem Kloster selbst. Um zu sich zu kommen und um eine Fährte aufzunehmen, die Atmosphäre kennen zu lernen, ist das ganz gut, erstmal in Ruhe draußen zu fotografieren und zu bemerken, dass hier Natur, Kultur und Spiritualität zusammenkommen.“

Nach dem Rundgang und einer Mittagspause beginnt für viele Teilnehmende der spannendste Teil des Seminars: Sie können durch große Teile des Klosters und des zugehörigen Museums streifen und diese individuell fotografisch erkunden. Andere Besucherinnen und Besucher dürfen das Kloster dagegen nur im Rahmen von Führungen besichtigen und dabei keine Fotos machen. Daher haben die Click im Kloster-Teilnehmenden Namensschilder mit dem aufgedruckten Hinweis: „Foto-Erlaubnis“. Das ist eine Ausnahmesituation für Simone Dannenfeld, die das Kloster Wienhausen seit Herbst 2022 als Äbtissin leitet.

„Das ist spannend und erst mal sehr ungewöhnlich, weil bei uns absolutes Fotografierverbot besteht. Da muss man sich erst mal dran gewöhnen, aber ich find‘s sehr spannend und vor allen Dingen, es sind sehr interessierte Leute, die gern diesen neuen und anderen Blick dann mal nutzen möchten, und ich freue mich auf die Ergebnisse, das ist spannend.“

Nach einem sehr intensiven Foto-Tag sind die Seminar-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer angehalten, ihre vielen Bilder nach bestimmten Regeln zu sortieren und eine Vorauswahl zu treffen. Diese besprechen sie dann am zweiten Kurs-Tag gemeinsam mit Uwe Stelter. Denn Ziel ist es, dass Jede und Jeder zwei bis drei Favoriten für die öffentliche Präsentation der Ergebnisse bestimmt. 28 Bilder werden in einem großen Format auf eine stabile, etwa zwölf Quadratmeter große Tafel gedruckt, die am Kloster aufgestellt wird. Eine solche Tafel steht bereits seit einigen Jahren im Klosterpark Wienhausen. Simone Dannenfeld:

„Ich hab eine Wohnung, von der aus ich die Tafel sehen kann, die vom letzten CiK entstanden ist, die bei uns im Klosterpark steht. Ständig stehen Leute davor, es ist wirklich ein großer Anziehungspunkt und ist natürlich wunderbar, dass wir jetzt eine neue Tafel bekommen werden, die vielleicht noch mehr Leute anlockt.“

Als die Klosterkammer im Jahr 2018 ihr 200-jähriges Bestehen feierte, wurden mit solchen Foto-Tafeln die 15 von der Klosterkammer betreuten Klöster und Stifte präsentiert. Auch fünf Jahre später findet der ausstellungserfahrene Fotograf Uwe Stelter diese Idee immer noch bemerkenswert.

„Als alle bisher durchfotografierten Klöster als Fotoinstallation vorm Landesmuseum in Hannover zu sehen waren, als Laienfotografen so ein großes Publikum hatten und die Klöster, die auf ne eigentlich sehr unprätentiöse Art dargestellt waren, vor fast 300.000 Menschen. Wir waren echt glücklich, dass wir das in dieser spektakulären Form zeigen konnten, und das über ein ¾-Jahr. Das war schon eine tolle Aktion.“

Als Seminar-Variante gibt es auch „Click in den Klosterforsten“. Das sind Waldgebiete, die der Forstbetrieb der Klosterkammer bewirtschaftet. Im Frühjahr 2023 beispielsweise im Revier Obernkirchen. Daneben organisieren die Klosterkammer und Uwe Stelter seit 2014 auch regelmäßig „Click im Kloster“-Kurse für Schülerinnen und Schüler. An einem solchen Angebot hat auch Äbtissin Dannenfeld für Wienhausen Interesse.

„Ich bin Lehrerin, also lange gewesen und bis vor einem Jahr auch gewesen, und mir liegt es sehr daran, junge Leute ins Kloster zu holen. Und ich denke, das wäre eine ganz tolle Möglichkeit, hier auch mit Jugendlichen zu arbeiten.“

Uwe Stelter weiß aus seiner Zusammenarbeit mit jungen Menschen, dass sie ganz anders fotografieren als Erwachsene.

„Jugendliche sind immer sehr schnell, aber aufgrund der Dynamik und Frische fehlt natürlich häufig so eine Art Hintergrundwissen. Da denke ich, ist es auch ganz wichtig, den Blick zu schulen und auch dahin zu gehen, dass Jugendliche für Bilder Worte finden, und in die Lage geraten, Bilder mal länger als zwei Sekunden anzugucken, sich auch tatsächlich mal 15 Sekunden, 30 Sekunden oder sogar eine ganze Minute auf ein Bild einlassen und Bilder lesen lernen.“

Die Workshop-Reihe „Click im Kloster“ hat sich im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt. Auch in Zukunft sind Klosterkammer und Projektleiter offen für neue Ideen, wenn sie ins Konzept passen. Wichtig ist, dabei den Grundgedanken nicht aus den Augen zu verlieren: „Click im Kloster“ soll dazu beitragen, dass die Klöster und Stifte bekannter werden und damit auch die vielen anderen Veranstaltungen, die dort stattfinden.