04.07.2025

Bursfelder Gespräche über Wissenschaft und Religion

Debatte zur Bedeutung und Rezeption des Bauernkriegs vor 500 Jahren

Diskutierten auf dem Podium (v.l.): Prof. Thomas Kaufmann, Prof. Lyndal Roper, Prof. Marian Füssel und Prof. Gerd Schwerhoff. Foto: Gunnar Müller

Der Abt des Klosters Bursfelde, Prof. Dr. Thomas Kaufmann, lädt gemeinsam mit dem Geistlichen Zentrum regelmäßig Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zu der Diskussionsreihe ein – im Fokus stand am 25. Juni 2025 der deutsche Bauernkrieg von 1525.

Dr. Marian Füssel, Professor für die Geschichte der Frühen Neuzeit in Göttingen und Experte für Wissens-, Kultur- und Militärgeschichte, moderiete die Veranstaltung im Kloster Bursfelde. Auf dem Podium dabei warden die australische Historikerin Dr. Lyndal Roper, Regius Professor in Oxford, Dr. Gerd Schwerhoff, Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit in Dresden, und Dr. Thomas Kaufmann, Professor für Kirchengeschichte in Göttingen. Sie erläuterten ihre Perspektiven auf den Bauernkrieg von 1525 als eines der zentralen Themen der deutschen und europäischen Geschichte. Aus Anlass des 500-jährigen Jubiläums sind drei neue Gesamtdarstellungen erschienen. Die Bursfelder Gespräche haben zum Ziel, den Dialog zwischen Kirche und Universität zu intensivieren.

Der Bauernkrieg von 1525 in Mittel- und Süddeutschland war der größte soziale Aufstand vor der Französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts. Hunderttausende Bäuerinnen und Bauern aber auch Städter forderten eine gerechtere Gesellschaft. Sie verlangten unter anderem die Abschaffung der Leibeigenschaft, niedrigere Abgaben und eine freie Predigt des Evangeliums. Die Reformation sowie die damals neue Drucktechnologie wirkten dabei als beschleunigende Faktoren. Die Ablehnung richtete sich auch gegen Klöster als Symbole von Macht und Besitz, weniger gegen das Christentum an sich. Die Aufständischen wurden von der Obrigkeit zurückgeschlagen. Die Zahl der Todesopfer wird auf 70.000 bis 100.000 geschätzt.

Prof. Lyndal Roper berichtete, dass sie viele Ereignisorte von damals mit dem Fahrrad erkundet habe, um einen Gesamteindruck der Landschaft zu erhalten. Sie untersuchte das Thema im Hinblick darauf, wie unterschiedlich Männer und Frauen betroffen waren und musste feststellen, dass die Quellenlage zum Handeln von Frauen außerordentlich schlecht ist. Die mediengeschichtliche Perspektive nahm Prof. Thomas Kaufmann ein und Prof. Gerd Schwerhoff analysierte die Gewaltereignisse und die Eskalation der Ereignisse aus soziologischer Sicht.

Ein zentrales Thema war die Rezeption von Thomas Müntzer. Als Zeitgenosse Martin Luthers war er als Pfarrer und Reformator noch vor Luther auf Distanz zur katholischen Kirche gegangen. Der Kirchenhistoriker Prof. Thomas Kaufmann bezeichnete seine Ideen als Ausdruck einer theokratischen Gewaltfantasie. Prof. Lyndal Roper mahnte, man müsse ehrlich mit den demagogischen Elementen seiner Sprache umgehen. Prof. Gerd Schwerhoff begrüßte, dass die bisherige Fixierung auf Müntzer als zentrale Figur des Bauernkriegs zunehmend hinterfragt werde. Aus der Diskussion auf dem Podium formulierte Prof. Lyndal Roper ein Schlusswort: Es sei aus ihrer Sicht wichtig, dass die unterschiedliche Wahrnehmung der Ereignisse und markanter Personen wie Thomas Müntzer in Ost- und Westdeutschland in die öffentliche Debatte eingebracht würden. (lah)

Mehr zur Diskussion ist auf der Internetseite des Sprengels Hildesheim-Göttingen nachzulesen.