12.10.2016

Auf den Spuren klösterlicher Handschriften

Klosterkammer und VGH-Stiftung unterstützen Erforschung mittelalterlicher Texte im Kloster Wienhausen

Das wissenschaftliche Arbeitsgespräch zu mittelalterlichen Handschriften hat am 5. und 6. September 2016 im Kloster Wienhausen stattgefunden.
Foto: Katrin Stupp

Am 5. und 6. September 2016 hat ein wissenschaftliches Arbeitsgespräch mit internationalen Forschern zu mittelalterlichen Handschriften im Kloster Wienhausen stattgefunden. Ziel der Untersuchungen ist es, mehr über das Leben und die Arbeit der Nonnen vor der Reformation zu erfahren.

Das Archiv des Klosters Wienhausen beinhaltet zahlreiche bedeutende mittelalterliche Handschriften. Themen sind unter anderem „Andacht, Gebet und Gesang“, „Unterricht und (Aus-) Bildung“, „Verwaltung und Kommunikation“ sowie „Diagnostizieren und Heilen“. Neben vielen anderen hochrangigen Kunstwerken haben die Handschriften aus dem Mittelalter die Reformation im 16. Jahrhundert überdauert. Damals wurde aus dem um 1225 gegründeten katholischen Nonnenkloster ein evangelisches Frauenkloster – das bis heute fortbesteht. Im Kloster ist ein Konvent aus alleinstehenden Frauen unter Leitung von Äbtissin Renate von Randow beheimatet. Wolfgang Brandis ist Archivar der Lüneburger Klöster und hat das Arbeitsgespräch mitorganisiert.

18 Personen stehen vor dem charakteristischen Stufengiebel des Klosters Wienhausen, darunter Kloster-Archivar Wolfgang Brandis.

Forscherinnen und Forscher vor dem Kloster Wienhausen mit der Initiatorin des Arbeitsgesprächs, Privatdozentin Dr. Simone Schultz-Balluff (10. v. r.), und Mitorganisator Kloster-Archivar Wolfgang Brandis (3. v. r.). 
Foto: Katrin Stupp

In den vergangenen Jahren wurde der über 10.000 Seiten umfassende Bestand an Handschriften vollständig neu verzeichnet und digitalisiert. Die digitalisierten Dokumente in höchster Qualität machen es nun erstmals möglich, die Gesamtheit der zwischen 500 und 600 Jahre alten, empfindlichen und teilweise fragilen Originaltexte nach modernen wissenschaftlichen Kriterien zu erforschen.

Einige der Handschriften sind als Reste der in der Reformation verloren gegangenen Klosterbibliothek zu verstehen. Sehr viele jedoch stammen aus dem berühmten „Fund im Nonnenchor“ von 1953: Dabei handelt es sich um unter den Eichendielen über Jahrhunderte verborgene Schriftzeugnisse der Nonnen, die ihnen vermutlich verloren gingen oder dort von ihnen versteckt wurden.

Privatdozentin Dr. Simone Schultz-Balluff von der Ruhruniversität Bochum besuchte im Rahmen ihrer jüngst abgeschlossenen Habilitation das Klosterarchiv und wurde auf die Handschriften aufmerksam. Sie initiierte ein Treffen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, zu denen auch zwei Forscher von der Universität Oxford in Großbritannien gehören, und übernahm die inhaltliche Leitung.

„Handschriften aus dem Mittelalter sind kleine Bücher mit großem Inhalt. Wir erhoffen uns durch die Forschungen weitere interessante Aufschlüsse über das Leben und die Arbeit der Nonnen des Klosters Wienhausen im Mittelalter“, sagte Äbtissin Renate von Randow. Geplant sind Veröffentlichungen in Form eines Tagungsbandes, der alle Beiträge umfassenden wird, sowie eines Themenheftes. (lah)