10.03.2016

Trennung von der Erich Klahn-Stiftung

Klosterkammer legt Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe ein / Klahn-Museum bleibt geschlossen

Das Klahn-Museum im Kloster Mariensee kurz nach der Eröffnung im Jahr 2001.
Foto: Klosterkammer

Über die Wirksamkeit der Kündigung des Vertrages zwischen Klosterkammer Hannover und den Klahn-Erben zur Errichtung der Klahn-Stiftung durch die Klosterkammer Hannover hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle am 10. März 2016 entschieden: Der 16. Senat betrachtet die Kündigung als unwirksam. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen. Der Rechtsbehelf hiergegen ist die Nichtzulassungsbeschwerde. Die Klosterkammer Hannover hat sich nun entschieden, diese beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe einzulegen. Damit wird das Verfahren voraussichtlich noch einige Zeit andauern. Bis das Celler Urteil rechtskräftig wird, bleibt die Erich-Klahn-Sammlung im Kloster Mariensee für Besucher geschlossen.

„Wir wollen uns nach wie vor von der Klahn-Stiftung trennen“, unterstreicht Kammerdirektor Andreas Hesse. Der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds (AHK), Stiftung öffentlichen Rechts unter Aufsicht des Landes Niedersachsen und gesetzlich vertreten durch die Klosterkammer Hannover, hatte im Frühjahr 2014 seine Trägerschaft für die Klahn-Stiftung mit sofortiger Wirkung gekündigt. Den Vertrag zur Errichtung der rechtlich unselbstständigen Klahn-Stiftung hatte der damalige Klosterkammer-Präsident Prof. Dr. Axel Freiherr von Campenhausen im Jahr 1998 mit der leiblichen Tochter des Künstlers Liese Albrecht, geb. Klahn, und Johann Christian Bosse, Stiefsohn Erich Klahns, geschlossen. Aus Sicht der Klosterkammer Hannover handelt es sich um einen Treuhand-Vertrag, der jederzeit kündbar ist. Demgegenüber geht das OLG Celle von einer Schenkung unter Auflage aus, die nicht ohne weiteres durch den Beschenkten kündbar ist.

Das Bestreben der Klosterkammer Hannover, sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt von der Klahn-Stiftung zu trennen, erfährt damit eine Verzögerung. Aus Sicht der Klosterkammer Hannover ist und bleibt es jedoch unzumutbar, die Arbeit der Klahn-Stiftung weiterhin aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren: Erträge des Stiftungsvermögens dürfen, wie bei jeder anderen Stiftung auch, nur für die rechtlich festgelegten Zwecke der Stiftung verwendet werden. Für den AHK sind dies die Erfüllung von Leistungsverpflichtungen gegenüber Kirchengemeinden beider Konfessionen sowie gegenüber den Lüneburger Klöstern, der Unterhalt der Calenberger Klöster und die Vergabe von Fördermitteln von gegenwärtig mehr als drei Millionen Euro pro Jahr für mehr als 200 kirchliche, bildungsbezogene und soziale Maßnahmen in ihrem Fördergebiet. Eine Erweiterung dieser Zwecke ist nicht zulässig. „Die Mittelvergabe an die rechtlich unselbstständige Klahn-Stiftung entspricht nach der Rechtsauffassung der Klosterkammer Hannover nicht den Stiftungszwecken des AHK. Wir werden es nicht hinnehmen, dass die Erträge des AHK, die letztlich öffentliche Mittel sind, für die Interessen privater Dritter verwendet werden“, ergänzt Andreas Hesse. Dies sei rechtlich nicht zulässig. „Der Vertrag – ob Treuhandvertrag oder Schenkung unter Auflage – hätte aus heutiger Sicht niemals geschlossen werden dürfen. Er ist stiftungs- wie haushaltsrechtlich nicht vertretbar“ “, so der Kammerdirektor weiter unter Verweis auf die stiftungsrechtliche Literatur (siehe unten).

Großaufnahme eines Scharniers, das mit einem Hakenkreuz versehen ist.

Scharnier mit Hakenkreuz am von Erich Klahn erstellten Karfreitagsaltar, der ebenfalls im Kloster Mariensee zu sehen ist.
Foto: Klosterkammer

Herausgebildet hatte sich diese Rechtsauffassung der Klosterkammer, nachdem sie ab 2013 die Position Klahns im völkischen Spektrum der 1920er -und 1930er-Jahre untersucht hatte und sein fragwürdiges Verhalten, dass er sich bewusst von der NS-Politik instrumentalisieren ließ, zutage trat. Damit lagen die Ergebnisse vor, die zur Kündigung der Trägerschaft der Klahn-Stiftung im Jahr 2014 geführt haben. Hierzu hat die Klosterkammer mittlerweile zwei Gutachten erstellen lassen: Eines vom Kunsthistoriker Dr. Henning Repetzky, das Ende 2013 vorlag; ein weiteres erstellte der Historiker Prof. Dr. Thomas Vogtherr, Vorsitzender der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Es wurde im Juni 2015 veröffentlicht. Mittlerweile gibt es ein drittes Gutachten zu Erich Klahn, das für die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers von dem Kunsthistoriker Dr. Herbert Pötter erstellt worden ist und am 9. Februar 2016 offiziell vorgestellt wurde. „Alle drei Gutachten bestätigen die völkisch-rassistische Orientierung des Künstlers und dessen Verbindung zum nationalsozialistischen Regime“, sagt Andreas Hesse und ergänzt: „Die Verwendung der Erträge des Stiftungsvermögens des AHK ist abschließend durch seine Stiftungszwecke bestimmt. Hierzu gehört nicht, problematische Künstlernachlässe in Ausstellungen aufzuarbeiten. Daher möchten wir diese Aufgabe in die Hände verantwortungsvoller Kuratoren geben und damit das Klahn-Erbe dort wissen, wo es am besten aufgehoben ist“, so Andreas Hesse. (ina)

Quellen:

Hof, Hagen in: Freiherr v. Campenhausen, Axel / Richter Andreas, Stiftungsrechts-Handbuch, 4. Aufl. München 2014, § 36: „Besondere Bedeutung hat bei alledem die Abstimmung des Stiftungszwecks (sc. der unselbständigen Stiftung) mit dem Aufgabenbereich des vorgesehenen Trägers. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können nicht Träger von Stiftungen werden, deren Zwecksetzung außerhalb des ihnen vorgegebenen Tätigkeitsbereichs liegt.“ (Rn. 83)

„Durch die Übernahme der Verwaltung einer (sc. unselbständigen) Stiftung kann sich die öffentliche Hand nicht ihren verfassungsmäßigen und gesetzlichen Pflichten entziehen. Sie darf also die Verwaltung der Stiftung nicht übernehmen, wenn deren Zwecksetzung diesen Pflichten widerspricht. (Rn. 85)

Küstermann, Burkhard: Die Treuhandstiftung, in: StiftungsManager, Stand November 2013, Nr. 5/1.3, S. 4: „So kann eine juristische Person öffentlichen Rechts nicht Träger von Stiftungen werden, deren Zwecksetzung außerhalb des ihnen (sc. ihr) vorgegebenen Tätigkeitsbereichs liegt.“

Die von der Klosterkammer Hannover in Auftrag gegebenen Gutachten von Dr. Henning Repetzky 2013, „Das Verhältnis des Künstlers Erich Klahn (1901-1978) zu völkisch-rassistischem Gedankengut und nationalsozialistischen Kreisen“, finden Sie unter:

Das Verhältnis des Künstlers Erich Klahn (1901-1978) zu völkisch-rassistischem Gedankengut und nationalsozialistischen Kreisen

sowie
Prof. Dr. Thomas Vogtherr 2015, „Erich Klahn (1901-1978) – ein völkischer Künstler? Gutachten zu biographischen Stationen“

Erich Klahn (1901-1978) – ein völkischer Künstler

Das von Dr. Herbert Pötter im Auftrag der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers erstellte Gutachten über „Die Altäre und sakralen Bilder Erich Klahns (1901-1978) im Kontext ihrer Entstehung und Bildsprache“ ist unter http://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/presse-und-medien/nachrichten/2016/02/2016_02_09_4 veröffentlicht.