10.12.2025

Erbbaurecht und Gerechtigkeit – fünf Perspektiven

Die Klosterkammer berücksichtigt in ihrem neuen Berechnungsmodell die Interessen von Erbbauberechtigten und Erbbaurechtsausgebern

Liquiditätsvorteil: Wer auf einem Erbbaurecht baut, erspart sich den Grundstückskauf. Foto: Harald Koch

In der aktuellen öffentlichen Debatte werden von Bürgerinitiativen oft Gerechtigkeits- und Fairnessargumente bemüht. Wir haben fünf Perspektiven mit ihren jeweiligen Argumenten zusammengestellt:

Die Sicht eines Erbbauberechtigten, dessen Vertrag bald ausläuft, der nicht vorzeitig verlängert hat, und dessen Haus in einer Lage mit hohen Bodenrichtwerten steht: Der Grundstückseigentümer handelt ungerecht, weil er mir eine Verzigfachung des jährlichen Erbbauzinses zumutet. Gerecht ist ein für mich angepasster Bodenrichtwert und ein jährlicher Zins nahe an dem bisher gezahlten, am besten beides.

Die Sicht eines Erbbauberechtigten mit einem Haus in einer Lage mit hohen Bodenrichtwerten, der vor zehn Jahren bereits vorzeitig verlängert hat und dessen Vertrag noch 70 Jahre läuft: Der Grundstückseigentümer handelt ungerecht, wenn er denjenigen Erbbauberechtigten, die ihre alten Verträge mit extrem niedrigen Zinsen bis zuletzt nutzen, besondere Rabatte einräumt. Ich habe mich an die Marktbedingungen und Regeln gehalten und früher einen moderat höheren Preis bezahlt, um für weitere 80 Jahre Sicherheit und Planbarkeit zu haben. Es ist ungerecht diejenigen zu belohnen, die alle Vergünstigungen maximal für sich nutzen wollen. Gerecht ist, alle Erbbauberechtigten gleich zu behandeln.

Die Sicht eines Hausmieters in einer Lage mit hohen Bodenrichtwerten: Mit meiner Miete muss ich auch die hohen Bodenwerte bezahlen. Es ist ungerecht, dass Hauseigentümer mit dem Erbbaurecht subventioniert werden, Mieter aber über die Miete den Marktbedingungen ausgesetzt sind. Gerecht ist, wenn alle Menschen die Kosten der hohen Bodenwerte tragen oder für alle die Bodenpreise niedriger werden.

Die Sicht eines Haus- und Grundstückseigentümers, der das Grundstück daneben gekauft hat: Es ist ungerecht, meinen Nachbarn, der über Jahrzehnte einen sehr geringen Erbbauzins bezahlt hat und das Grundstück damit fast umsonst bewohnen konnte, erneut zu bevorzugen, indem er für die kommenden 80 Jahre vom Marktgeschehen weiterhin   abgekoppelt wird. Ich musste mehr Geld investieren oder höhere Kredite aufnehmen, weil ich das Grundstück gekauft habe, und konnte mir weniger nebenher leisten. Warum wird die eine Gruppe von Hauseigentümern subventioniert und die andere Gruppe nicht? Auch ist es ungerecht, dass dieser Nachbar im Verkaufsfall aufgrund des sehr niedrigen, weil subventionierten, Erbbauzinses einen hohen Kaufpreis verlangen kann, obwohl er das Grundstück nicht veräußert. Gerecht ist, wenn alle Immobilieneigentümer gleichbehandelt werden.

Die Sicht des Grundstückseigentümers: Der Erbbauberechtigte hat 80 Jahre lang von sehr niedrigen Zinsen profitiert. Von der Preisentwicklung des Bodens profitiert der Erbbauberechtigte, weil sein Haus allein durch die Lage wertvoller wird. Es setzt aber voraus, dass er die Laufzeit des Vertrages im Blick behält. Für den Grundstückseigentümer hat sich im Laufe der Jahrzehnte der Wert des Grundstückes und der jährlich vom Erbbauberechtigten gezahlte Zins entkoppelt, das ist ungerecht dem Grundstückseigentümer gegenüber. Gerecht ist, wenn der Bodenwert eines Grundstückes im Erbbaurecht gleich dem Bodenwert anderer Grundstücke ist.

Das neue Berechnungsmodell der Klosterkammer ermöglicht einen rechtssicheren und angemessenen Ausgleich der Interessen von Erbbaurechtsausgeber und Erbbauberechtigten sowie eine faire Behandlung derjenigen, die bereits vor Jahren ihre Erbbaurechtsverträge mit der Klosterkammer erneuert haben.